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Initiative Selbsthilfe Multiple Sklerose Kranker e. V.

Schwarzer Holunder: Heilpflanze des Jahres 2024

Alexandra Manger, Blickpunkt-Ausgabe 01/2024

Im letzten Sommer wurde der Schwarze Holunder vom Verein NHV Theophrastus zur Heilpflanze des Jahres 2024 gekürt, da er sich bei Atemwegsinfekten mehr als bewährt hat. Früher meinte man, dass im Holunderstrauch gute Hausgeister wohnen. Und in der Tat können seine wertvollen Inhaltsstoffe tatsächlich mit guten Geistern verglichen werden: Im Frühjahr und im Herbst liefert uns der Strauch frische, hochwertige Heilmittel gratis. Getrocknete Holunderblüten oder eingemachte Holunderbeeren können das ganze Jahr genutzt werden.

Deutscher Name: Schwarzer Holunder
Wissenschaftlicher Name: Sambucus nigra L.
Familie: heute: Moschuskrautgewächse, Adoxaceae; früher: Geißblattgewächse, Caprifoliaceae
Volksnamen: Holde, Holler, Elderbaum, Kisse, Pisseke, Flieder, Fliederbeere (nicht zu verwechseln mit dem allseits bekannten Flieder)
Herkunft/Vorkommen: Mitteleuropa, Westsibirien, Kaukasus; bis 1500 m hoch, in Dörfern und Städten, auch an Waldrändern, Bachläufen und Auen
Verwendete Pflanzenteile: überwiegend Blüten und Beeren, in der Volksmedizin auch Blätter, Wurzeln und Rinde
Inhaltsstoffe: Flavonoide, Vitamine, Bitterstoffe, Gerbstoffe, ätherische Öle, Saponine, Blausäureglykosid
Indikationen: Blüten (Flores Sambuci) sind ein schweißtreibendes Mittel bei fieberhaften Erkältungskrankheiten
Sonstiges: botanisch gesehen gehören die Früchte zum Steinobst

Geschichte und Verwendung

Mit der Auszeichnung des Schwarzen Holunders zur Heilpflanze des Jahres 2024 rückt ein Gewächs in den Mittelpunkt, das schon in vorchristlicher Zeit äußerst geschätzt war, heißt es in einer Mitteilung von NHV Theophrastus. Der gemeinnützige Verein macht es sich zur Aufgabe, das Wissen um altbekannte Heilpflanzen zu erhalten und weiterzugeben.

So war der Holunder bereits den Steinzeitmenschen bekannt, wie der Fund von Samen und Zweigen bei Ausgrabungen belegt. Neben der Verwendung als Nahrungs- und Färbemittel wurden aus seinen Zweigen zu dieser Zeit auch Flöten hergestellt.
In der Antike benutzten ihn Ärzte wie Hippokrates oder Galen dann auch zu Heilzwecken. Und Pfarrer Kneipp befand aufgrund seiner gesundheitlichen Vorteile: „Vor dem Holunder sollst du den Hut ziehen.“

Die Lebensmittelindustrie verwendet Holundersaft bis heute als natürlichen Farbstoff.

Die Wirkstoffe der Holunderblüten lösen den Schleim bei Husten und Nasennebenhöhlenentzündungen, lindern die Symptome bei akuten Erkältungen, Grippe und Infektionen der Atemwege wie Bronchitis und wirken entzündungshemmend, heilungsfördernd und schweißtreibend bei Fieber. Der Tee wird auch vorbeugend eingenommen.

Volksmedizinischen Anwendungen zufolge regen die Blüten auch die Verdauung an, sie wirken stoffwechselfördernd, harntreibend und blutreinigend und können Beschwerden bei Rheuma und Gicht mindern. Bei Zahnschmerzen und Parodontitis kann der Tee einige Minuten im Mund gehalten werden, er wirkt entzündungshemmend und verschafft sanfte Linderung. (Auch früher schon war man der Meinung, dass durch das Beißen auf einen Holunderzweig Zahnschmerzen auf denselben übertragen werden und man war von den Schmerzen befreit.). Aber Holunderblütentee regt auch den Kreislauf an und kann die Stimmung aufhellen und so bei Depressionen und Ängsten helfen.

Auch die tief dunkelroten Beeren sind allseits bekannt: Hollermarmelade, Hollersaft und vor allem Hollerlikör werden gerne selbst gemacht und schmecken superlecker, von den gesundheitlichen Vorzügen ganz zu schweigen. Bei einer beginnenden Erkältung oder einem grippalen Virusinfekt ist der immunstärkende Holundersaft ein altbewährtes Hausmittel. Er ist reich an den Vitaminen C und B2 sowie ätherischen Ölen und Mineralstoffen. Außerdem enthält er viele Anthocyane, die als starke Antioxidantien die Körperzellen vor dem Angriff freier Radikale schützen. Dadurch stabilisieren sie die Körperzellwände und stärken zusätzlich das Immunsystem. Polyphenole, die aus den Früchten gewonnen wurden, zeigten in einer Studie zell- und gewebeschützende Effekte, die durch den oxidativen Stress bei diabetischer Stoffwechsellage entstandenen Gefäßschäden reduzieren konnten. Aufgrund seiner Flavonoide und ätherischen Öle, einem hohen Vitamin-C-Gehalt der Früchte und auch den Gerb- und Mineralstoffen sowie seiner schmerzlindernden Eigenschaften kann der Holunder aber auch bei Hautunreinheiten, Rheuma oder bei Obstipation zum Einsatz kommen.

Heute weniger in Gebrauch, wurde die Rinde früher abführend, brechreizauslösend und diuretisch eingesetzt, die Blätter bei rheumatischen Erkrankungen verwendet.

Zahlreiche Mythen ranken sich um den Holunder. Griechen, Römer und Germanen gingen gleichermaßen davon aus, dass im Holunder gute Geister wohnen. Die nordische Mythologie der Germanen besagte z. B., dass Freya (Holla), die Beschützerin von Haus und Hof, sich den Holunderbusch zum Wohnsitz auserwählt habe – entsprechend wurden unter dem Holunder Brot, Milch und Bier geopfert. Und im gallischen Frankreich hieß es, dass in jeder Blütendolde eine Fee sitzt – dorthin geflohen, als die Welt schlecht wurde. Man pflanzte Holunder deshalb immer in der Nähe des Hauses – um Haus und Hof zu beschützen und um Krankheiten von ihm fernzuhalten. Bauern lasen an seiner Blüte gar die Reichhaltigkeit der nächsten Ernte ab.

Aber auch das Jenseits, Hexen oder der Teufel wurden mit dem Holunder in Verbindung gebracht. Im Schweizer Alpenraum galt der Holunder etwa als Tor zum Jenseits. Im Mittelalter sollte ein am Haus stehender verdorrender Holunder den Tod eines Familienmitglieds ankündigen. Zum Maßnehmen an Sarg und Gruft wurde ein Holunderzweig verwendet und auch die Peitsche des Sargkutschers bestand daraus. Holunder wurde prinzipiell nicht gefällt, da man Angst hatte, dass das Blut der darin wohnenden Hexe herausrinnen könnte. Und aufgrund der Verwandlungsfähigkeit von Hexen in einen Holunderzweig wurden aus seinem Holz auch keine Möbel oder Fußbodenbelag hergestellt.

Dem Christentum ist es zu verdanken, dass der Holunder auch als der Baum des Teufels bekannt war, da Judas Iskariot sich nach dem Verrat an Jesus an einem Holunder erhängt haben soll. Ein bei der Bestattung auf das Grab gestecktes Kreuz aus Holunder, das nach einiger Zeit wieder grünte, galt dagegen als Zeichen dafür, dass dem Verstorbenen ein seliges Jenseits beschieden war.

Ernte und Rezepte

Die voll erblühten Dolden Ende Mai bis Juli abschneiden, zuhause auf Papierbögen ausbreiten. Trocknen lassen, bis auch die Stiele trocken sind. Nun die einzelnen Blüten abrebeln und noch einmal gründlich nachtrocknen lassen. Anschließend können die Blüten in Dosen aufbewahrt werden (aber Vorsicht, sie verderben bei geringster Feuchtigkeit sehr leicht). Die Beeren können dann ab Ende August geerntet werden, wenn sie glänzend schwarz, aber noch nicht überreif (runzelig) sind. Am besten streift man die Beeren einfach in eine Schüssel oder einen Eimer ab und verarbeitet sie noch am gleichen Tag zu Saft, Mus oder Gelee. Achtung, bitte: keine rohen Holunderbeeren verwenden– das darin enthaltene Sambunigrin verursacht Übelkeit und Erbrechen! Und auch der Saft von Holunderbeeren muss aus dem gleichen Grund immer gekocht werden.

Holunderblütensirup

20 Holler-Blüten-Dolden, etwa 2 kg Zucker (ich hatte normalen Zucker und Rohrzucker gemischt), 2 l Wasser, 50 g Zitronensäure und nach Geschmack je 1 Pck. Zitronen- und Orangenschale zugeben.
Das Wasser mit dem Zucker aufkochen, dann den Rest dazu geben und alles aufkochen. 24 Stunden ziehen lassen, danach abseihen. Durch einen Kaffeefilter wird es klarer, das ist aber nicht zwingend nötig. Der Sirup schmeckt im Sommer mit Mineralwasser und Eiswürfeln sehr lecker, aber auch im Winter kann man einen Schuss in den Tee geben, oder man benutzt ihn zu Weiterverarbeitung.

Holunder-Honig-Sirup

2 Teile Sirup mit 3 Teilen Honig zu einer dicklichen Masse einkochen. Nun in eine dunkle Flasche mit Schraubverschluss füllen und sobald diese angebrochen ist, im Kühlschrank aufbewahren. Bei leichten Halsschmerzen, Heiserkeit oder Husten alle 2–3 Stunden einen Teelöffel im Mund zergehen lassen.

Hugo

2 cl Holunderblütensirup, 15 ml Prosecco, Sekt oder trockenen Weißwein und etwas Mineralwasser oder Apfelsaft (je nach Geschmack), außerdem 1 Limette, einige Blätter frische Minze und natürlich Eiswürfel.
Die gewaschene Minze in ein bauchiges Weinglas geben und kurz mit einem Stößel andrücken, damit sich der Geschmack besser entfalten kann. Die Limette achteln und 1–2 Stück mit 2 Eiswürfeln ins Glas geben. Nun den Rest zugeben und mit Minze und Limette garnieren.

Holunderblütentee

2–3 TL getrocknete Holunderblüten mit 1 Tasse kochendem Wasser übergießen und den Tee 5 min ziehen lassen. Anschließend abseihen und auf Wunsch mit Honig süßen.
Der Tee ist schweißtreibendes Mittel bei Fieber und Erkältungen, steigert die Schleimbildung bei Husten und stärkt die körpereigene Abwehr. Zur Immunsteigerung 2–3-mal täglich 1 Tasse lauwarmen Tee genießen. Bei Erkältung und Fieber kurz vor dem Zubettgehen (besser noch: im Bett) 1 Tasse Tee trinken.

Viel Spaß beim Sammeln und dem Ausprobieren der Rezepte!

Alexandra Manger


PS: Früher glaubte man, dass eine in Butter gebratene Holunderblütendolde ein Jahr lang Fieber abwehren kann. Vorausgesetzt, die Dolde wurde mittags um 12 Uhr am Johannistag unter der Feueresse (dem Sitz der Hausgeister) herausgebraten. Ich hatte es gleich mal versucht, zumindest auf meinem modernen Herd. Der Holunder blühte gerade, und schaden konnte es ja nicht. Ob es jetzt daran lag oder an anderen Dingen, kann ich nicht exakt sagen, aber fieberfrei und sogar bis jetzt coronafrei war ich. Jetzt hoffe ich, vielleicht doch mal auf eine Elfe zu treffen.