Rollstuhltennis
Martin Honcu, Blickpunkt-Ausgabe 02/2024
Rollstuhltennis gibt es seit 1976 und gilt heute als eine der beliebtesten Rollstuhlsportarten der Welt. Für ein gutes Reaktions- und Koordinationsvermögen, die nötige Schnelligkeit, Spielfreude und Sicherheit sollte man mit einem Sportrollstuhl trainieren.
Geschichte
Der Amerikaner Brad Parks machte nach einer Querschnittlähmung im Jahr 1976 erste Versuche mit Tennis im Rollstuhl und entwickelte die Sportart in den kommenden Jahren zusammen mit dem Rollstuhlsportler Jeff Minnenbraker weiter. Seit 1992 ist Rollstuhltennis paralympisch, seit 1998 offizieller Teil des Tennisweltverbands (International Tennis Federation, ITF) und mittlerweile Teil aller vier Grand-Slam-Turniere. Die ITF Wheelchair Tennis Tour umfasst über 150 Veranstaltungen mit entsprechenden Ranglisten, die Disziplin lässt sich allerdings auch sehr gut auf jeder Ebene des Tennissports ausüben und ist für alle Altersklassen geeignet.
Regeln
Die Regeln des Rollstuhltennis folgen den Regeln des olympischen Tennis, nur darf der Ball hier auch zweimal auf den Boden springen (beim zweiten Mal auch außerhalb des Felds), bevor die Spieler*innen ihn zurückschlagen. Der Rollstuhl wird als dem Körper zugehörig betrachtet, man darf aus ihm also weder aufstehen noch dürfen die Füße während des Schlages den Boden berühren. Weiter darf der Ball den Rollstuhl eines Spielers/einer Spielerin nicht berühren und auch das Netz nicht in Kontakt mit dem Rollstuhl kommen. Der verwendete Tennisrollstuhl ist mit zusätzlichen Stützrädern vorne und hinten ausgerüstet, um beim schellen Spiel ein Umkippen zu verhindern.
Sportler*innen mit einer Einschränkung der unteren Gliedmaßen starten in derselben „offenen“ Klasse (OPEN), bei einer Einschränkung von drei oder mehr (unteren und oberen Gliedmaßen) kann man auch in der Klasse QUAD starten. Bei „gemischten“ Matches mit Rollstuhlfahrer*innen und Fußgänger*innen gelten für jede*n die für ihn üblichen Regeln.
In der Praxis
Denkt man an Eintracht Frankfurt, kommt den meisten wohl gleich Fußball in den Sinn. Aber die Eintracht ist ein Mehrspartenverein mit vielen Abteilungen, der auch Rollstuhltennis anbietet. Ich durfte Lena Cora ein paar Fragen stellen und sie auch bei ihrem Training mit Christopher Chiout begleiten, wobei Chris „Fußgänger“ ist und mich gleich aktiv ins Training miteinbezogen hat.
Martin Honcu (MH): Lena, wie alt bist du und seit wann spielst du Rollstuhltennis?
Lena Cora (LC): Ich bin 24 Jahre alt und spiele seit Oktober 2021 Rollstuhltennis.
MH: Was ist für dich das Besondere an Rollstuhltennis?
LC: Für mich ist das Besondere, dass es kaum Regeländerungen gibt, außer dass bei uns der Ball zweimal aufspringen darf. So fühlt man sich etwas „normaler“, auch wenn man im Rollstuhl spielt.
MH: Was sind deine persönlichen Ziele im Rollstuhltennis?
LC: Mir ist insbesondere die Teilnahme an Turnieren wichtig, um auch da weiter Erfahrungen zu sammeln. Mein erstes Turnier war jetzt an Pfingsten.
MH: Was würdest du dir für die Zukunft wünschen?
LC: Ich würde mir wünschen, dass es noch mehr Vereine gibt, wo Rollstuhltennis angeboten wird, damit man nicht so weite Fahrtwege hat. Ich glaube, es liegt vielleicht auch daran, dass sich viele Trainer*innen das nicht zutrauen. Dabei gibt es kaum Unterschiede zum normalen Tennis, und man kann das alles lernen.
Rollstuhltennis ein sehr schnelles Spiel, man muss gut einschätzen können, wo der Tennisball in etwa hinkommt, um dorthin zu rollen und dann zu schlagen. Und man muss sich überlegen, ob man ihn einmal oder zweimal aufkommen lässt. Dann kommt es auch sehr auf den Untergrund an, denn Sand, Teppich oder Gras sind für Rollstuhlfahrer*innen eher ungeeignet, da man sich auf ihnen nicht schnell bewegen kann. Lena trainiert auf einem Tennis-Hartplatzbelag basierend auf Acryl (Rebound Ace), auf dem es sich sehr gut spielen lässt – ich traf allerdings im Gegensatz zu der erfahrenen Lena die Hälfte meiner Bälle gar nicht. Chris fordert einen stark, findet aber immer wieder auch ermutigende und lobende Worte beim Training; in meinen Augen sind die beiden ein ganz großartiges Team.
Ein kleiner Fun-Fact am Rande: Nachdem Lena und ich 144 Bälle geschlagen hatten, mussten diese natürlich auch wieder eingesammelt werden. Hierfür gibt es allerdings auch ein prima Hilfsmittel: Das gelbe Rohr kann 20 Tennisbälle einsammeln, ohne dass man sich bücken muss.
Mein Fazit
Mir hat das Training mit den beiden viel Spaß gemacht und wenn ich nicht schon mein Curling und mein Rollstuhlhandball hätte, wäre Rollstuhltennis eine Option für mich.
Weitere Informationen
Deutscher Tennisbund, abrufbar im Internet unter www.tennis.de/dtb/angebote/zielgruppenspezifische-angebote/Inklusion/rollstuhltennis.html#accordion-a8c400b1bd-item-8c44f75cbba.