Urlaub in Egmond aan Zee: Im barrierefreien Städtchen am Meer in Holland
Bernd Meixner, Blickpunkt-Ausgabe 03/2018
Gerade sind wir von unserem diesjährigen Sommerurlaub zurückgekommen und man kann wahrlich sagen, dass das einer der besten Urlaube war, trotz voranschreitender MS und damit einhergehenden Handicaps. Wir, das sind Sandra (44 Jahre, MS-erkrankt, Rollstuhlfahrerin) und Bernd Meixner (Ehemann). Aber nun erstmal zurück zum Anfang.
Vor circa zwei Jahren haben wir durch das Rollstuhltraining der MSK e. V. Matthias Möller (51 Jahre, MS-erkrankt, Rollstuhlfahrer) und seine Frau Birgit kennengelernt. Da wir uns von Anfang an sympathisch waren, ist irgendwann die Idee herangereift, mal einen gemeinsamen Urlaub zu verbringen und im März dieses Jahres haben wir dann den Entschluss dazu gefasst. Bis es dann soweit war, waren aber noch einige Hürden zu überwinden.
Reisevorbereitungen
Terminplanung: Es war gar nicht so einfach, einen gemeinsamen Termin zu finden, bei dem die Urlaube der arbeitenden Ehepartner und die der Haushaltshilfen zusammengepasst haben. Aber nach einigen Iterationen hatten wir dann den Zeitraum vom 02.06. bis 10.06. gefunden.
Reiseziel: Überraschend einfach und schnell hatten wir ein Urlaubsziel gefunden, Egmond aan Zee in Holland, im Hotel Zuiderduin. Birgit und Matthias waren vor einigen Jahren schon mal dagewesen und wir haben unseren Reisepartnern blind vertraut, was sich im Nachhinein als völlig richtig herausgestellt hat.
Reisebegleitung: Aufgrund des Betreuungsaufwandes für Sandra hatten wir uns entschlossen, eine Reisebegleitung zur Unterstützung mitzunehmen. Das war allerdings viel schwieriger als erwartet. Es gibt unzählige Anbieter, doch nur, wenn man die Reisen auch über den jeweiligen Anbieter bucht. Für selbst gebuchte Reisen ist es relativ schwierig, jemanden zu finden. Nach unzähligen Telefonaten und Anfragen sind wir über viele Umwege zu der Firma „Die Reisebegleiter“ gekommen. Das hat sich auch professionell angehört. Es wurden Fragen gestellt: Welcher Aufwand? Welche Anforderungen? Dort wurde uns dann in Aussicht gestellt, dass uns jemand begleiten könnte. Allerdings konnten wir dann unsere Reisebegleitung (Ute) erst am Abend vor der Abreise persönlich treffen. Das hat in unserem Fall gut funktioniert, generell ist aber zu empfehlen, dass man sich im Vorfeld mal trifft, damit man sehen kann, ob auch „die Chemie passt“.
Die Krankenkasse hat übrigens die Kosten für die Reisebegleitung in voller Höhe ohne Beanstandungen im Rahmen der Verhinderungspflege übernommen.
Anreise mit dem Auto
Nachdem alles geklärt und arrangiert war, haben wir uns Anfang Juni auf den Weg nach Holland gemacht. Wir haben uns für das Auto entschieden (circa 550 Kilometer), weil man da einfach mehr Sachen mitnehmen kann und man auch flexibler ist.
Schon bei der Ankunft waren wir von dem Hotel total begeistert, es war wirklich alles behindertengerecht, nicht eine einzige Stufe, großzügiges Badezimmer, befahrbare Dusche ... fast perfekt. Das einzige, was nicht ganz gepasst hat, war der Duschstuhl; die Sitzfläche war viel zu glatt und man konnte sich schlecht darauf halten – zum Glück hatten wir unseren eigenen dabei, also auch kein echtes Problem.
Komfortabler Aufenthalt in Egmond aan Zee
Insgesamt ist das ganze Städtchen sehr behindertengerecht und auch ausgesprochen behindertenfreundlich. Alle Restaurants waren mit Behindertentoiletten versehen und wir wurden überall sehr zuvorkommend behandelt. Es gab wirklich nur ein einziges Mal eine Situation, wo wir uns als kleine Reisegruppe mit zwei Rollstuhlfahrern in einem Restaurant nicht willkommen gefühlt haben. Aber da es so viele gute Restaurants in Egmond aan Zee gibt, ist man ja auch gar nicht darauf angewiesen.
Die Bars am Strand hatten Strandrollstühle, die man sich ohne Kosten ausleihen konnte, entweder um an einen Strandkorb zu gelangen oder aber um einen ausgedehnten Strandspaziergang zu machen. Man musste sich nur vorher anmelden. Die Strandrollstühle sind coole Gefährte, aus Plastikrohren zusammengesteckt und mit großen Reifen versehen: Es war wirklich kein Problem, durch den Sand damit zu fahren, allerdings musste man das Gefährt schieben, selbst antreiben ging nicht.
Manchmal war es auch der Behindertenfreundlichkeit etwas zu viel. Zum Beispiel waren auf einer großen, langen, steilen Treppe zwei Fahrrinnen nachträglich eingebracht worden. Da kann man nur hoffen, dass nie einer versucht, das mit dem Rollstuhl zu machen, das sieht echt gefährlich aus.
Vorsicht bei Ausflug nach Amsterdam
Auch über Amsterdam müssen wir reden. Es ist nur circa 50 Kilometer von Egmond aan Zee entfernt, daher haben wir uns vorgenommen, einen Tag in Amsterdam zu verbringen. Selbstverständlich hatten wir die zwei Top-Highlights ins Auge gefasst, Grachtenfahrt und Anne Frank Haus. Das Anne Frank Haus haben wir früh aufgegeben, weil man uns davon abgeraten hatte. Das ursprüngliche, alte Haus ist zu klein und verwinkelt, mit Rollstuhl nicht zugänglich. Damit war unser Ehrgeiz geweckt, wenigstens eine Grachtenfahrt zu machen. Aber auch da war die Enttäuschung groß, es gibt quasi keinen einzigen Anbieter, der Grachtenfahrten für Rollstuhlfahrer anbietet (jedenfalls haben wir keinen gefunden). Nach einigem Suchen hat sich einer der Kapitäne bereit erklärt, sich in der Handhabung des Rollstuhls zur Unterstützung einweisen zu lassen und mit mir zusammen zwei Rollstuhlfahrer in ihren Rollstühlen auf das Boot und anschließend über eine schmale, steile Treppe in das Boot zu bugsieren. Es hat letztendlich funktioniert, aber es ist nur zu empfehlen, wenn man sich wirklich gut in der Handhabung des Rollstuhls auskennt, schon mal Treppen mit dem Rollstuhl gefahren ist und seine Kräfte richtig einschätzen kann: Einmal angefangen gibt es nämlich kein zurück.
Im Vergleich zu Egmond aan Zee war auch die Toilettensituation nicht so gut, es waren nämlich in der Innenstadt und den Restaurants keine vorhanden, die mit dem Rollstuhl zugänglich waren. Als Geheimtipp können wir den Hauptbahnhof empfehlen, die Behindertentoilette war gut zugänglich und auch sehr sauber.
Trotz allem, Amsterdam sollte man gesehen haben.
Wir hatten während des gesamten Urlaubs wirklich viel Spaß und haben viel gelacht; erholsam war es auch. Für uns alle eine tolle Erfahrung und vermutlich werden wir das nächstes Jahr wiederholen.