Kraft, Mut und innere Stärke erarbeiten und erhalten
Heike Führ, Blickpunkt-Ausgabe 04/2024
Menschen mit chronischen Erkrankungen brauchen täglich eine enorme Kraft, um ihre Beeinträchtigungen bewältigen zu können. Tatsächlich sind sie und ihre Angehörigen oftmals wahre Meister darin, die Kraft und den Mut aufzubringen, um die Herausforderungen anzunehmen und sich ihnen zu stellen. Woher kommt diese Stärke und wie lässt sie sich erhalten?
Stärke, Kraft und Mut
Im Alltag verbinden wir Stärke oft mit körperlicher Kraft, Leistungsfähigkeit, Robustheit und Durchhaltevermögen. Aber auch die geistige Macht und mentale Stärke gehört dazu. Diese Stärke hilft etwa, in schwierigen Situationen Ruhe zu bewahren, sich zu motivieren und daran zu glauben, dass die eigenen Gedanken, Einstellungen und Gefühle das Verhalten, die Gesundheit und das Leben positiv beeinflussen können. Es bedeutet auch, niemals aufzugeben und immer das Beste geben zu wollen. Und das, liebe Leser*innen, tun wir jeden Tag! Tatsächlich hat jeder Mensch von Geburt an eine innere Stärke, also eine psychische Widerstandsfähigkeit, um Belastungsphasen besser zu meistern. Diese Stärke wird auch als Resilienz bezeichnet. Sie zu bewahren ist nicht immer einfach, besonders dann, wenn Belastungssituationen länger andauern und kein Ende in Sicht ist, wie sich das etwa bei chronischen Krankheiten ergeben kann. Schnell kann sie dann auch ins Wanken geraten.
Kraft nicht technisch als mechanische und physikalische Kraft zu betrachten, fällt erst einmal gar nicht so einfach. Aber genau darum geht es mir hier – die Kraft, die uns befähigt, auch in schwereren Lebensphasen nicht den Mut zu verlieren oder gar aufzugeben, nicht die Hoffnung zu verlieren, sondern kraftvoll nach vorne zu blicken.
Und wo wären wir ohne unseren Mut? Im Alltag ist es uns oft gar nicht bewusst, wie mutig wir tatsächlich sind. Dass man sich etwas traut, vor dem man vielleicht Angst hat, dass man fähig ist, etwas zu wagen, sich also in eine mit Unsicherheiten verbundene Situation zu begeben, ohne genau abschätzen zu können, wie sich die Dinge entwickeln werden. Mut befähigt, uns gegen Widerstände und Gefahren für eine als richtige und notwendig erkannte Sache einzusetzen. Mutig zu sein bedeutet auch, authentisch zu sein, zu sich selbst stehen zu können. So sind wir etwa mutig, weil wir unserer MS die Stirn bieten und nach Möglichkeiten suchen, sie möglichst gut anzunehmen.
Stärke, Kraft und Mut ähneln sich in ihrer Handlungsweise und deshalb möchte ich sie nachfolgend auch zusammenfassen. Leider ist nämlich gerade in Zeiten, in denen wir wenig Kraft haben, unser Fokus oft auf das Negative gerichtet und kommt mit einem Gefühl der Schwäche und der Mutlosigkeit daher. Wir denken ununterbrochen nur daran, dass wir nicht genug Kraft haben und entziehen uns somit notwendige Reserven und Energien.
Kraftreserven und Kraftfresser
Wenn uns das bewusst wird, sind wir in der Lage, uns mit unserer inneren Einstellung selbst entscheidend zu unterstützen. Uns unsere Situation bewusst zu machen, zu erkennen, was genau uns aus dem Gleichgewicht bringt, steht also am Anfang der Wiedererlangung einer inneren Stärke. Ein weiterer Schritt ist, sich über mögliche Strategien zu informieren und schließlich ins Handeln zu kommen, um ganz individuelle Maßnahmen zu ergreifen, um unser Wohlbefinden wieder so zu steigern, dass die innere Kraft wieder erstarken kann.
Für ein aktives Leben mit MS brauchen wir Kraft. Manchmal glaubt man, nicht genug Kraft zu haben, um das Leben so zu verändern, dass man sich darin wohlfühlt. Man meint, zu viel zu tun zu haben und deshalb vollkommen ausgelastet und gestresst zu sein. Tatsächlich müssen wir uns gerade in Phasen der starken Belastung wieder daran erinnern, dass wir mit großen Ressourcen und Reserven ausgestattet sind. Wieviel Energie und Power in uns steckt, zeigt sich immer dann, wenn man etwas findet, für das es sich aus unserer subjektiven Sicht zu kämpfen lohnt. Wenn uns nämlich etwas sinnvoll erscheint, ist es uns oft einen großen Aufwand wert. Und wenn wir etwas erreichen wollen, können wir ungeahnte Kräfte mobilisieren. Oft verfügen gerade jene, die von sich selbst denken, nicht genug Kraft zu haben, über enorme Kraftreserven.
Deshalb darf man immer einmal wieder Bilanz ziehen und sich fragen, wofür man seine Kraft verwendet. Sind das positive oder negative Dinge? Wo liegen diese sogenannten Kraftfresser in unserem Leben? Solche Kraftfresser können sowohl Personen sein, mit denen man beispielsweise immer wieder über die gleichen Dinge streitet, die einem einfach nicht guttun, oder Menschen, die alle Sorgen bei uns abladen – einer Müllhalde gleich! Sogar wir selbst können unsere eigenen Kraftfresser sein, indem wir uns selbst auf alle möglichen Arten schaden. Nicht selten ist dies einem überhöhten Anspruch an uns selbst geschuldet.
Es lohnt sich daher definitiv zu überlegen, wofür wir unsere Kräfte einsetzen möchten und wo wir neue Energien sammeln können. Um klarzusehen, hilft es oftmals, sich einmal alle Bereiche des Lebens aufzuschreiben, für die Kraft und Energie gebraucht werden – und umgekehrt, wo wir Energien schöpfen können und woraus wir Kraft ziehen. Wichtig ist, dass wir ein ungefähres Gleichgewicht in unserem Leben herstellen können.
Prioritäten setzen
Viele von uns investieren eine Menge Kraft und Energie in aufreibende und tendenziell selbstzerstörerische Vorhaben, statt das eigene Leben nach den persönlichen Bedürfnissen und Wünschen zu gestalten. Die Balance zu halten zwischen all diesen Energien, den kraftspendenden und kraftraubenden Dingen – das ist Lebenskunst. Nur wenn wir im Gleichgewicht und auch im Reinen mit uns selbst sind, sind wir in der Lage, unsere innere Stärke voll zu entfalten, zu nähren und stabil zu halten.
Auch mit den unterschiedlichen Symptomen einer MS kann man noch Kraftreserven ansparen. Wir können lernen, unsere Kraft einzuteilen und sie für jene Dinge einzusetzen, die Priorität haben. Wenn ich mit meiner Fatigue beispielsweise weiß, dass mich nachmittags meine Enkel besuchen kommen, verbringe ich den Tag bis zum Nachmittag dann ausruhend auf der Couch. Dann bleibt an diesem Tag auch der Haushalt liegen: Ich setze Prioritäten, um die Energie und Kraft für meine Enkel zu haben. Und anschließend plane ich ebenfalls nichts ein – denn dann bin ich zwar glücklich, aber so erschöpft, dass mich wieder die Couch ruft.
Prioritäten kann man sich selbst überlegen: Was ist mir am wichtigsten? Was bedeutet mir am meisten und wofür möchte ich Kraft übrighaben? Dann wird schnell klar, welche Prioritäten man setzen möchte, und auf diese gilt es zu achten. So spart man unglaublich viel Kraft und Energie auf. Und ist in dem Moment des Erlebens stark genug, um ihn zu genießen.
Dies wiederum macht uns Mut, denn wenn wir gelernt haben, dass wir uns eine gewisse Stärke erhalten können, wenn wir Prioritäten setzen, dann werden wir automatisch auch mutiger, dies auszuprobieren. Denn je mehr wir aufgrund dieser Einteilung Schönes erleben können, desto mehr wollen wir davon – das motiviert und macht mutig auf „Mehr“!
Um klarzusehen, kann es in schwierigen Zeiten helfen, sich die folgenden Punkte zu vergegenwärtigen:
- Welches genau sind die Phasen höherer Belastung in meinem Leben und wie reagiere ich (körperlich) darauf?
- Wo finde ich Unterstützung und wem kann ich meine Probleme anvertrauen?
- Was macht mich stark? (statt: Welches sind meine Schwächen?)
- Wie kann ich Situationen und Zeiten nutzen, um sie ganz zu meinen eigenen Wohlfühlmomenten zu machen?
- Wie schütze ich mich vor Überlastung?
- Wie bleibe ich optimistisch?
- Welche Erfolge kann ich täglich verzeichnen?
In meinem Buch „Stärke, Kraft & Mut: Wie Du innere Stärke aufbaust! Bausteine & Fundamente des Lebens“ gebe ich viele praktische Tipps und Anleitungen und zeige Wege auf, wie wir zu unserer Kraft zurückfinden – immer im Rahmen des Möglichen, des Machbaren. Ich wünsche Ihnen die Kraft und Stärke, die Sie benötigen, und den Mut, damit anzufangen!
Ihre
Heike Führ
Heike Führ
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